Im weitesten Sinne dienen viele der im Leitfaden dargestellten Methoden für Kreativität, Entscheidungsfindung, Team- und Kommunikationskultur sowie Projektdesign dazu, die (Selbst-) Organisation eines Projekts zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Die hier beleuchteten Methodensets betreffen Selbstorganisation im engeren Sinne. Ihr Schwerpunkt liegt also darin Strukturen zu schaffen, um Handlungsabläufe zu organisieren. Den Schwerpunkt setzen wir auf agile und gemeinschaftsorientierte Ansätze, die relativ flache und dezentrale Hierarchien und damite ein hohes Maß an Involvierung und Mitgestaltungsmöglichkeiten anstreben.
- Agiles Projektmanagement
- Soziokratische Kreisorganisation
- Dragon Dreaming
- Vereinsgründung
- Multi-Tool Anwendung: Beispiel Vereinsgründungsworkshop
Agiles Projektmanagement
ist ein Trend im Projektmanagement, der wie viele Innovationen aus dem Feld des Programmierens kommt. Agile Methoden versuchen Projekte so zu organisieren, dass sie möglichst rasch auf sich ändernde Bedingungen reagieren können. Meist wird das durch dezentrale, und optimierte Kommunikations- und Entscheidungsfindungsstrukturen in flachen Hierarchien erreicht. Es gibt zahlreiche Internetseiten, die sich diesem Gebiet widmen. Diese beiden geben einen guten Ein- und Überblick:
https://www.microtool.de/wissen-online/was-ist-agiles-projektmanagement/
https://kanbanize.com/de/agile-de/projektmanagement
Soziokratie
ist ein agiles Organisationsmodell, das vier Kernaspekte verbindet: Konsent, als eine Form der Entscheidungsfindung, die allen Beteiligten eine egalitäre Steuerungsmacht verleiht sowie eine Moderationstechnik, die diese Form der Entscheidungsfindung gewährleistet; die soziokratische Kreisorganisation mit doppelter Verknüpfung von Kreisen, sowie die soziokratische Wahl. Konsentprinzip und Moderations sind in den Moderations- und Entscheidungsfindungsmethoden dargestellt.
Ziel der soziokratischen Kreisorganisation ist es, Projekte bzw. Organisation optimiert zu gliedern und zu steuern und dabei eine Gleichwertigkeit aller Beteiligten zu gewährleisten. Zentral dabei ist es, Arbeitskreise mit einem klar abgegrenzten Aufgabenbereich zu definieren. Innerhalb ihrer Aufgabenbereiche handeln die Arbeitskreise souverän: Grundsatzentscheidungen werden getroffen, ausgeführt und ihre Zielerreichung gemessen. Das Prinzip der doppelten Verknüpfung der Kreise besagt, dass wenigstens folgende zwei Personen eines Kreises an der Beschlussfassung im nächsthöheren Kreis beteiligt sind (siehe Abbildung): Der/die Arbeitskreisleiter*in wird vom höheren Kreis und der/die Delegierte vom darunterliegenden Kreis gewählt. Die soziokratische Wahl der Leiter*innen und Delegierten erfolgt nach Konsent und wird moderiert. Ist eine Gruppe mit der Methode nicht vertraut, ist es sehr zu empfehlen erfahrene Moderator*innen für die ersten Gruppensitzungen einzuladen oder Workshops zu besuchen. Damit die Anwendung gelingt, bedarf es eines guten Verständnisses der Grundprinzipien. Übung macht den/die Meister*in! Eine detaillierte Darstellung finden sie auf der Seite des soziokraitschen Zentrums: https://soziokratiezentrum.org/ueber-soziokratie/soziokratiewozu/
Dragon Dreaming
Ähnlich der Soziokratie und dem Design Thinking ist Dragon Dreaming ein Set von Methoden und Prinzipien zur Entwicklung, Gestaltung und Steuerung von Projekten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der co-kreativen Herangehensweise. Der Gründer von Dragon Dreaming, John Croft, hat Elemente klassischen Projektmanagements und Organisationsentwicklung sowie systemtheoretische Prinzipien mit kulturellen Inspirationen von Jäger- und Sammlerkulturen sowie Elementen von Nachhaltigkeitsansätzen und Tiefenökologie verwoben.
Ziel von Dragon Dreaming ist es, Projekte zu ermöglichen, die die Ziele und Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigen und auch erreichen. Durch eine gemeinschaftliche dynamische Steuerung soll ein Gleichgewicht von Chaos und Ordnung geschaffen werden – “to bring projects safely out of control” (Croft).
Kernbaustein des Dragon Dreamings ist der Projektablauf welcher – ähnlich wie in diesem Leitfaden – vier Phasen annimmt: Träumen – Planen – Handeln und Feiern, welche durchaus analog zu den hier beschriebenen Phasen (Start, Planung, Umsetzung Abschluß) verstanden werden können. Jede Phase enthält wiederum in sich Elemente aus Träumen, Planen, Handeln und Feiern. Die Methoden dienen dazu, zu jedem Zeitpunkt der Projektumsetzung ein Gleichgewicht dieser Elemente zu ermöglichen. Wie in der Soziokratie, empfiehlt es sich, Dragon Dreaming Prozesse durch erfahrene Begleiter*innen anleiten zu lassen.
In Wochenendworkshops werden zumeist die ersten beiden Projektphasen -Träumen und Planen – begleitet und die Projektgruppe mit entsprechenden Tools in die nächsten Phasen ‘entlassen’. Auf der Seite www.dragondreaming.org gibt es eine übersichtliche Darstellung der Methoden und Prinzipien sowie ein Handbuch zum kostenfreien Download. Die Lektüre ist als Inspiration für Projektinitiator*innen und -mitwirkende sehr zu empfehlen.
(Vereins-) Gründung
kann ein wesentlicher und sinnvoller Meilenstein im Prozess der Selbstorganisation von gemeinschaftliche organisierten Projekten und Initiativen sein. Die Gründung gewährleistet Rechtssicherheit für relevante Akteur*innen innerhalb des Projekts sowie im Umfeld – wie Ämter, Spender*innen oder Investor*innen. Sie ist Voraussetzung dafür, dass Nutzungsvereinbarungen für Flächen im öffentliche Raum und entsprechende Haftpflichtverisicherungen abgeschlossen werden können. Neben diesen rechtlichen Erfordernissen fördert es die Seriosität und Vertrauenswürdigkeit eines Projekts nicht nur in der Außenwahrnehmung sondern auch für (potentielle) Mitwirkende. Für viele Projekte schafft eine Vereinsstruktur geeignete Rahmenbedingungen, um die Zielsetzungen am besten zu gewährleisten. In manchen Fällen könnte aber die Gründung einer Genossenschaft oder andere Rechtsformen von Vorteil sein.
Daher ist es zu empfehlen, auch für den Gründungsprozess kompetente Personen ins Team zu holen oder sich ggf. beraten oder begleiten zu lassen.
Multi-Tool-Anwendung – ein Beispiel:
Der Gründungsworkshop des Vereins “SeeStadtgrün”, welcher im Rahmen des Projekts essbare Stadt gehostet wurde, ist ein Beispiel, wie in der Praxis unterschiedliche Methodensets ineinanderfließen können. Er wurde als Kickoffworkshop gestaltet und bediente sich folgender im Leitfaden beschriebener Methoden:
- Traumkreis, um die Wünsche Ideen aller beteiligten in den Fokus zu stellen und alles weitere davon abzuleiten
- (tw. soziokratische) Moderation, um die Gruppenkommunikation zu erleichtern
- Konsentprinzip, um bei richtungsweisenden Entscheidungen alle Beteiligten im Boot zu haben
- Bei der Namensfindung wurden Brainstorming und Gruppendiskussion eingesetzt um möglichst viel Varianten zu finden
- systemische Konsensieren (SK) wurde genutzt, um aus den zahlreichen Vorschlägen jenen Namen mit dem geringsten Gruppenwiderstand zu wählen.
- Die Vereinsstatuten wurden in einem co-kreativen Prozess mittels Onlinedokument unter Anleitung einer Person mit entsprechender Vorerfahrung entwickelt und zuletzt im Konsent abgestimmt.
- Zuletzt wurden die Funktionäre soziokratisch gewählt